Heute früh war ich mir noch sicher was gewinnt. Eigentlich war ich mir aber nur in der Roten Kategorie schon von Anfang an sicher. Codenames hat verdient gewonnen. Kein Spiel habe ich so oft auf den Tisch gehabt und so oft mit soviel Freude gespielt. Kein Spiel habe ich so oft variiert nur um mir einen zusätzlich Kick zu holen, und es nochmals zu spielen.

In der Kennergruppe hielt ich die ganze Zeit alles offen und es gab und gibt so viele Gründe für jedes und gegen jedes der 3 Spiele, gewünscht hätte ich es dem Wunderdesign Pandemic Legacy. Gegönnt hätte ich es jedem der drei Spiele. Also lasst uns die Entscheidung der Jury aus meiner Sicht auseinandernehmen. Und das geht in diesem Fall vermutlich wirklich nur über beide Preise hinweg.

Mein Orakel von Nürnberg, der liebe Frank Jäger von Ludofact, hatte es Ende Januar vorhergesagt. Codenames macht es. Er lag bisher jedes Jahr richtig. Oder zumindest in den Jahren in denen ich ihn gefragt habe. Das waren jetzt immerhin sogar 3 Jahre am Stück. Und dann hatte er aber vor ein paar Wochen Kalte Füße bekommen. Er schwenkte auf Karuba um. Vor allem, weil Codenames kein Familienspiel sei. Eine Begründung die ich eigentlich nicht stehen lassen mag. Und vor allem eine, die auch vor 3 Jahren bei Hanabi hätte kommen können. Da wurde es nur überschattet, das die Schachtel so klein ist, weil Äußerlichkeiten nunmal auffälliger sind als die inneren Werte. Warum sollte es da Spielen besser gehen als Menschen. Hanabi hat gewonnen und allen bewiesen, das es auch in der kleinen Schachtel möglich ist, wenn das Spiel gut ist. Die Diskussion ist seitdem erledigt.

Hanabi ist also mein Argument das Familienpreis-Argument zu kontern. So wie Targi oft eine Antwort ist, wenn es heißt, die Jury würde auch nie ein 2er-Spiel nominieren. in Wahrheit ist die Jury aber offen für alles. Und wenn es etwas gibt, dass die Jury nie machen würde, dann gebt ihr nur das richtige Spiel das saugut ist, und sie brechen diese Aussage. Solche Konter sind auch möglich in der Kennerkategorie. So ein Pandemic Legacy oder T.I.M.E Stories kann nicht gewinnen, weil das Spiel danach verbraucht ist? Und was war mit Sherlock Homes Criminal-Cabinet? Ja klar, das ist schon über 30 Jahre her. Aber schon damals war der damaligen Jury egal. Und solche Argumente waren damals heftiger, als nur ein Bruchteil der Spielemenge erschien, als die heute so rauskommen. Damals wusste man wirklich nicht, was man danach spielen soll. Und nominierte gab es auch noch nicht.

Tom Felber hatte heute eine gefühlt sehr kurze Rede gehalten, aber er ging, wie ich finde, sehr gut auf diese Problematik ein. Die Jury will ein Spiel für Familien und Gesellschaft. Diese Gruppen stehen gleichberechtigt nebeneinander und nicht in irgendeiner Reihenfolge. Kaufen es wirklich in erster Linie nur Familien, die das dann unterm Weihnachtsbaum spielen? Sind die alle doof? Wie konnte El Grande nur so ein Erfolg werden? Fakt ist, das es Jugendclubs genauso ansehen wie Schulen oder auch viele andere Gruppen. Menschen die eher zu einem Activity greifen, als zu einem Schach. Die sind eine wunderbare Zielgruppe für Codenames.

In einem perfekten Jahrgang sind diese beiden Gruppen also homogen und können sich an einem perfekten Spiel erfreuen. Solche Spiele hatten wir schon in etlicher Menge, Catan als Vorreiter vorneweg. Dies ist aber nicht solch ein Jahrgang. Dies ist ein Jahrgang, in dem die Leute Argumente um alle Nominierten geführt haben. Ein Jahrgang wo die größte Innovation nicht für jeden ist. Ein Jahrgang wo es weniger darum geht, was eigentlich auf der Liste fehlt, sondern deutlich mehr darum, warum dieses oder jenes Spiel eigentlich nicht gewinnen sollte, obwohl es die Person mit diesen Argumenten selber cool findet. Das ist perplex und ein Zeichen für die Art und Weise wie immer mehr Leute versuchen die Sache zu sehr zu hinterdenken. Eine Art Real-Life Codenames. Doppeldeutigkeit an allen Stellen. Ich mache es mir da einfacher. Ich interpretiere lieber nachher und kann so auf das Ergebnis zeigen und sagen es past zu meiner Aussage.

Und da fangen wir mit dem Kennerpreis an. Ich hätte mir Pandemie Legacy so sehr gewünscht, das ich mir einfach zu sicher war. Zusammen mit T.I.M.E Stories bildet es die Flugspitze der Innovationen im Jahrgang. Ein Jahrgang der endlich mal wieder Innovationen aufzeigt. Ein Umstand der von vielen immer bemängelt wurde. Gefühlt, vor allem von denen, die aber diese beiden Spiele außen vor lassen. Natürlich haben diese Spiele auch ein Problem. Wenn die Jury sich von Ende Mai bis zur gestrigen Wahl zusammensetzt, dann spielen sie die sechs Spiele so oft sie können. Aber wie oft spielt man noch Spiele die man durch hat. Bei T.I.M.E Stories kann man wenigstens die Reaktionen der anderen einfangen, wenn man sie beobachtet. Bei Pandemic Legacy will man vermutlich nicht nochmal alle 12 Monate in mehreren Gruppen beobachten. Da bleibt eine gute Erinnerung und das war es. Wenn zwei sich streiten, dann freut sich der dritte. Isle of Skye. Und da reden wir von einem Spiel das schon vor 12 Monaten rauskam. Wie viele Spiele sind so lange in Erinnerung geblieben.

Und da wurde es mir bewusst. Die Familie bekommt dieses Jahr den Kennerpreis mit Isle of Sky. Wenn man nicht beide verbinden kann, warum dann nicht einen Preis für jede der Gruppen. Und in dem Moment schauten Peat und ich uns an und wir waren uns dann absolut sicher, dass Codenames gewinnt. Codenames ist das Speil für die Gesellschaft. Das Spiel das nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner ist, sondern das Spiel, das anerkennt, das es auch andere Gruppen gibt die ein tolles Spiel erfahren müssen. und Codenames ist das Spiel, welches dieses transportiert wie kein anderes. Vermutlich gibt es kaum etwas was es so einfach macht.

Auf der Berlin-Con hatte Wieland Herold noch erwähnt, das er beim Zuschauen in einer Runde seine Entscheidung innerlich gefällt hatte, weil ein Nichtspieler eingestiegen war, er hatte nur zugesehen und fing auf einmal an mitzuspielen. Ich vermute, das es Codenames war. Dieselbe Begründung hätte es auch vor 2 Jahren für Concept geben können. Und dennoch ist es Camel Up verdient geworden. Es war alles offen. Aber nach Isle of Skye war ich mir sicher.

Ein wohlverdiente Gratulation an alle Gewinner und Nominierten. Lookout hat seinen ersten Pöppel seit Agricola (damals noch Sonderpreis) und Pfister und Pelikan sind die ersten Autoren die 2 Kennerpöppel gewonnen haben. Und erst die zweiten die ein Double hinbekommen haben nach Kramer und Kiesling in 1999 und 2000 für Tikal und Torres. Ich freue mich für Klemens Franz, der inzwischen so oft auf der Bühne als Nominierter Stand, dass ein Preis endlich mal verdient auch für seine Leistung reinkam. Vlaada Chvátil als Ausnahmetalent hat jetzt auch einen Pöppel für ein Spiel das so gar nicht nach seiner Handschrift aussieht, aber welches so genial ist, das es zeigt, die einfachsten Spiele sind oft die besten.

Die Jury hat einiges richtig gemacht und Ich wünsche allen sechs Spielen eine lange Lebenszeit und noch einige Erweiterungen. Ja, auch für Pandemic Legacy wünsche ich mir Erweiterungen. Und vor allem hoffe ich das alle die für die Massenmedien schreiben, die nicht nur die Gewinner vorstellen sollten und die Nominierten einfach nur aufzählen, sondern das sie sich die Mühe machen alle sechs Spiele aufzuführen und deutlich machen das es hier ein rundes Angebot ist. Nicht jedes Spiel muss jedem gefallen, und daher sollte auch jeder die Hilfe an die Hand geben, welches Spiel vielleicht eher für sie oder ihn geeignet ist. Und mögen die Verkäufer draußen im Einzelhandel dass auch hinbekommen. Immer alle sechs Spiele zu haben und den Kunden zu beraten. Da muss man nicht alle Spiele des Jahrgangs kennen. Es reichen diese sechs Spiele und mit ein paar Fragen an den Kunden könnten diese viel zufriedener sein und mit dem richtigen Spiel nach Hause gehen. Auf das sie begeistert sind und noch mehr Spielen. Die Jury hat ihren Teil getan. Der Rest muss nun mitmachen.

Nachtrag:
Ich wurde darauf hingewiesen, dass es auch sehr gute Spiele auf der Empfehlungsliste gibt. Das ist natürlich wahr und die sollen nicht unterschlagen werden. Denn diese bilden ja das abgerundete Angebot damit jeder Spieler was findet. Und ich glaube, wer wirklich in einem Spieleladen arbeitet, sollte auch die Spiele vorrätig haben und erklären können.