Es gibt einige Spiele die mich flashen. Sie geben mir das Gefühl der Rote Blitz ist an mir vorbeigelaufen, aber das in einer Geschwindigkeit, die eher im Bereich unmenschlich passiert. Und es gibt heutzutage vermutlich deutlich mehr von denen, als es noch vor 10 Jahren welche gab. Das erste Spiel das dies bei mir auslöste war übrigens Expedition von Wolfgang Kramer bei Queen Games. In der Pöppel-Revue gab es dazu auch tolle Rätsel, die ich aber natürlich viel zu einfach fand, ich Angeber.
Der neuste Kandidat ist Elysium. Er fasziniert mich derzeit so sehr, dass ich allen in meiner Spielgruppe damit auf die Nerven gehe, dass ich das wieder spielen will. Dummerweise ist das etwas, wo die anderen sich scheinbar gedanklich für frei machen müssen. Es ist auslaugend und meine Mitspieler geben mir im Anschluss das Gefühl, sie hätten einen 10km Lauf hinter sich und bräuchten Energie. Am Besten in Form von einem schnellen kopffreien Spiel. Wogegen ich natürlich auch auf Anhieb nichts einzuwenden habe, außer vielleicht eine weitere Runde Elysium.
Wir mischen 105 Karten zusammen, legen jede Runde (in einem 4er-Spiel) 13 davon aus. In ihrem Zug dürfen die Spieler sich diese Karten wieder nehmen und können diese sofort oder später nutzen. Für einen Tweet hätte das gereicht, für ein Spielgefühl kaum. Die Karten selber haben keine Kosten. Aber man muss Voraussetzungen erfüllen, um diese zu nehmen. Auf den Karten sind Farbkuller drauf, die angeben, welche Säulen ein Spieler haben muss, um die Karte zu nehmen. Nachdem man eine Karte genommen hat, muss man sich von einer seiner vier Farbsäulen trennen. So wird die Auswahl immer eingeschränkter. Mit den vier Säulen nimmt man grundsätzlich drei Karten und eine Quest.
Da ist also so einiges zu planen. Welche Säule kann ich abgeben? Welche haben meine Mitspieler abgegeben? Auf welche Karten können andere nicht mehr zugreifen? Welche Karten sind denn für andere nicht mehr interessant? Wie hoch muss ich die Priorität für diesen speziellen Kartenwert oder einer einer bestimmten Kartenfarbe oder deren Effekt einplanen? Ach, der braucht noch die Karte, um die andere nutzen zu dürfen… Das alles immer im Blick zu behalten kann Energie kosten, denn vor allem strengt es den Kopf an. Für mich in einem positiven Sinn. Das Spiel ist auf jeden Fall interaktiv. Nicht nur den Mitspielern Optionen zu nehmen. sondern diese auch unter psychologischen Druck zu setzen. Ich kann nicht einsam vor mich hin spielen sonder muss darauf achten, was die anderen machen. Das erschöpft! Im Spiel zu viert noch deutlich mehr als zu zweit.
Ich habe auf Grund meiner Vergangenheit natürlich eine gewisse Affinität zu Karten. Diese ist eine deutlich größere als zu anderen Elementen wie Würfeln und Pöppeln. 20 Jahre TCGs wie Magic: The Gathering gehen halt nicht spurlos an einem vorbei und auch heute noch mache ich Trips durchs halbe Land um Android: Netrunner-Turniere zu spielen. Gut gemachte Kartenspiele haben hier ein Potential für mich, dass kaum ein anderes Element in derselben Form schafft: Sie sind sehr einfach erweiterbar. Selbst Kingdom Builder braucht eigentlich nur drei neue Aufgabenkarten und das Spiel ist schon wieder ein anderes. Dominion muss ich wohl nicht aufführen, um die Vielfalt aufzuzeigen.
Das Elysium schon aus seinem Grundspiel heraus 56 Kombinationen anbietet, indem in jedem Spiel mit gerade mal 5 aus den 8 vorhandenen Götterfamilien gespielt wird, zeigt schon einiges an Möglichkeiten auf. Jede Kombination mindestens 2x zu spielen müsste drin sein um zu sagen, das das Spiel auch wirklich durchgespielt wurden, da wahrlich nicht alle Karten in jedem Spiel verwendet werden. Und selbst dann ist noch nicht sicher, ob die beste Strategie gespielt wurde. Ein großes Potential zum Spielen.
In Wahrheit leben Kartenspiele natürlich auch vom Nachschub. Hätte es für Dominion nie Erweiterungen gegeben, hätte vermutlich schon lange keiner mehr davon geredet. Und auch bei Elysium ist so einiges möglich. Sowohl eine neue Farbfamilie (Gott), welche aber in der Schachtel kaum schönen Platz hätte und vermutlich auf Grund der weiteren 70 Kombinationen kaum testbar wäre, als auch neue Karten für jede Familie welche deren derzeitige Themen weiter vertiefen, sind locker drin. Aber kommen die wirklich? Space Cowboys will vielleicht das ganze als fertiges Produkt sehen. Bis wir das wissen, werde ich lange Spaß an dem Spiel haben.
Mitte März hätte ich noch getönt, das wir hier den Gewinner des Deutschen Spielepreises dieses Jahr haben. Das war vermutlich zu früh, als ich andere Highlights noch nicht gespielt hatte. Aber welches Spiel am Ende tatsächlich oben steht kann ja jeder hier mitentscheiden. Für mich haben wir hier jedenfalls eindeutig einen ehrenvollen Kandidaten. Dass das Spiel zum Kennerspiel nominiert wurde, freut mich schon sehr.
Autor: Matthew Dunstan, Brett J. Gilbert
Illustrator: Eric Bourgier, Cari, Vincent Dutrait, Sylvain Guinebaud, McCambridge, Didier Poli, Pascal Quidault, Emmanuel Roudier
Verlag: Space Cowboys, 2015
Vertrieb: Asmodee
Spielerzahl: 2-4 Experten
Links: Space Cowboys / Asmodee / Luding / BoardGameGeek
Sehr sehr schöne Beschreibung eingangs. Mir geht es ganz genauso. Eines meiner absoluten Lieblingsspiele, es gibt aber sehr viele Mitspieler die das Spiel als sehr anstrengend empfinden.
Danke für die Rezension !
Das Spiel gibt es gerade bei Jokers. Aufgrund der Rezension werde ich es wohl hole