Ein Stammbaum? Als Spielthema? Portal hat wirkliche einige Spiele die sich durch ziemlich skurrile Themen auszeichnen. Der Stammbaum ist dabei vermutlich nicht das außergewöhnlichste, eher der Laufsteg, von dem was ich in Erinnerung habe. Dennoch erinnert ich mich derzeit an kein anderes Stammbaumspiel. Vor allem nicht an eins, wo es wirklich nur um den Aufbau selbigen . Aber auch das ja eigentlich nicht das spannendste. Die Spieler sollen halt in drei Generationen die Familien vergrößern und Freunde einheiraten und Nachwuchs bekommen. Das Ganze breitet sich dann auf dem Tisch auch wie ein Stammbaum aus. In der ersten Reihe lieber maximal 3 Karten. In der Zweiten bis zu 6 und in der dritten sogar bis zu 18. Und eine vierte Reihe kann auch noch aufgebaut werden. Und da haben wir das erste Problem. Da wird echt Platz benötigt. Es gibt schon die Einschränkung, das die Frauen nicht mehr als 3 Kinder bekommen dürfen, und dennoch wird in der dritten Generation doch reichlich Platz verbraucht. Pro Spieler.
Das Thema fühlt sich merkwürdig an und dennoch kommt es so passend vor. Die Spieler starten mit einer einzelnen Person. Die wird verheiratet, das kann Geld kosten, wenn es eine Tochter ist, es kann aber auch Geld einbringen, wenn eine Frau in die Familie dazustellt. Dann werden freilich die Kinder in die Welt geworfen, und wenn es nicht gerade Komplikationen gibt, die auch ab und zu vorkommen, jedoch maximal einmal pro Generation (die Frauen starben damals wohl nicht mehr so oft), dann war es das auch schon. Wenn Familienmitglieder nicht verheiratet werden, dann kann man es ja im dunklen lassen woran es lag. Früh im Krieg gestorben oder vielleicht doch dem eigenen Geschlecht zugeneigt, was damals doch verpönt war. Das Thema kommt durch auf seine Weise.
Was es aber neben dem Thema noch gibt ist die Mechanik. Und die hätte nicht langweiliger sein können. Wir spielen 9 Runden. Und die sind pure langweilige Arbeitereinsatzspielchen. Wobei die Aktionsfelder die die Spieler selber vor der Nase haben, keine Einschränkungen kennen und frei auch öfter genutzt werden können und müssen. Dazu gehört Heiraten, Kinder bekommen, Freunde sammeln und Geld beschaffen. Die Aktionsfelder in der Mitte, kann aber nur einer pro Runde nutzen. Dazu kommen zusätzliche Aktionssteine, die man sich durch manche Heirat oder Nachwuchs verdienen kann. Die sind aber limitiert auf eine bestimmte Aktion, die dann entsprechend für genutzt werden will, damit sie einem kein anderer wegnimmt und sie auch nicht am Ende der Generation wieder verfällt. Hier gibt es wertvolle Herrenhäuser, Unternehmen die gegründet werden, Aufgaben für die Familie, oder Titel die man sich verdient hat.
Das Vermächtnis hat etwas was ich schwer bezeichnen kann. Viel Thema, Regeln um das Thema durchkommen zu lassen, aber theoretisch ein einfaches Aufbauspiel. Nur statt ein Königreich, eine Fabrik oder auch ein Inselvolk aufzubauen ist es ein Stammbaum. Vermutlich würde das Thema auch austauschbar sein, wobei es hier passt, wie kaum etwas. Auch ist das eigentliche Gefüge der Aktionen ist so simpel gestrickt, als wäre es aus einem anderen Spiel gesprungen. Da sind Karten bei Aktionen, die immer gleich sind, und welche die alle Unterschiedlich sind, aber ins Spiel kommen immer alle. Mit öfters spielen weiß man eine kleine Strategie darauf aufzubauen und zu hoffen, das einem keiner diese wegnimmt, wobei dies oft nicht so entscheidend ist, wie die richtigen Freunde zu ziehen um einen wertvollen Stammbaum aufzubauen. Denn am Ende geht es um Ansehen und damit um schnöde Siegpunkte. Auch stoppt das Thema da, wo es die Balance benötigt. Ein Herrenhaus zu erwerben kostet, einen Freund abzuwerfen. Hat man den Verjagt? Hat man den Beerbt? Und ein Unternehmen gründen kostet einen Siegpunkt.
Das Vermächtnis zerreißt innerlich. Meine Frau findet es genial und hat es in ihre Topp 5 für den Deutschen Spielepreis gewählt. Mir ist die Downtime zwischen den Zügen zu hoch und ich würde es ungern mit mehr als 2 Spielern nochmals spielen wollen. Auf der anderen Seite kommt da die Mechanik am wenigsten zum tragen, denn soviel kann man sich nicht gegenseitig ärgern. Schließlich ist da noch der Entwickler in mir, der sich fragt, ob da nicht mehr drin gewesen wäre. Warum nicht den Stammbaum eines Spieler mit dem eines anderen verbinden können? Und sei es nur in der letzten Generation. Warum nicht noch ein paar geschichtliche Ereignisse reinpacken um echte Erschütterungen in der gemeinsamen Geschichte zu erleben und zu sehen, wer am ehesten darauf vorbereitet ist? Es gibt persönliche Aufgaben und davon können auch weitere gesammelt werden, aber diese sind gefühlt nur von der Sammelt X und habe Y Art. Klar könnte man das Spiel einfach belassen wollen, um den Kennerspieler im Boot zu behalten, aber schafft man das mit einer Anleitung (auch wenn sie sehr gut geschrieben ist) von 24 Seiten? Vielleicht wäre das was für eine Zweite Edition. Und so kann ich mich nicht an der Mechanik erfreuen, aber der Rest bringt mir auch nichts.
Autor: Michiel Hendriks
Illustrator: Mateusz Bielski, Barbara Trela-Szyma
Verlag: Pegasus Spiele, 2014
Vertrieb: Pegasus Spiele
Spielerzahl: 1-4 Kennerspieler
Links: Pegasus Spiele / Luding / BoardGameGeek
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