Ist das schon ein Schimpfwort? Neuauflage? Oder Neuumsetzung? Manchmal erscheint es mir so, wenn ich manche Leute so lese. Da wird die zweite Edition von Im Wandel der Zeiten angekündigt und die Fans flippen völlig aus vor Freude. Da wird von so manchem FFG-Spiel eine Neuauflage rausgebracht und die Leute sind aus dem Häuschen, das die Regeln verbessert werden und sei es nur im Detail. Und da erscheint ein echt gutes Kartenspiel als Brettspiel, was es eigentlich schon zu mehr macht als nur einem 2.0 und die Leute fangen an zu maulen und zu meckern. Es gebe keine guten Ideen mehr. Sie beschweren sich, dass es das Spiel schon gab und trauen sich zum Teil nicht mal zu schauen, was denn die Änderungen sind. Aber warum nicht Spiele verbessern die es schon gibt?

Bei Broom Serivce sind die Änderungen gegenüber dem alten Kartenspiel Wie verhext! deutlich mehr, als das da jetzt nur ein Spielbrett dabei ist. Eigentlich ist nur die Idee des Mechanismus gleich geblieben. Und selbst dieser hat sich entscheidend geändert. Alle Spieler wählen aus einem Satz Rollen ein paar aus, die sie spielen wollen. Wer dran ist spielt eine und reihum muss, wer dieselbe Rolle ausgewählt hat, diese auch spielen. Aber im Gegensatz zur Glasstraße, wo beide eine halbe Aktion bekommen, muss hier angesagt werden, ob diese als mutige oder feige Hexe gespielt wird. Wer Feige ist macht sofort die kleine Aktion und verzichtet auf den Mutig-Bonus. Wer als letzter Mutig ist nimmt danach die gesamte Aktion den anderen Mutigen vor ihm weg. Das entscheidende ist nun aber, dass wer rauskommt nicht mehr Mutig spielen muss und wer endet auch einen Grund hat nicht Mutig zu klauen, um nicht rauskommen zu müssen.

Manchmal sind es kleine Kniffe die ein Spiel verbessern. Entscheidend ist es diese in genügend Spielen zu finden. Etwa in Spielen mit anderer Spielerzahl. Vorher war das Spiel zu dritt von zu wenig Entscheidungen geprägt. Nun sind diese Entscheidungen um einiges spannender und alle Spieler wollen überlegen, was das beste für sie und ihre Hand ist. Und vor Entscheidungen strotzt dieses Spiel nur so. Welche Rollen? In welcher Reihenfolge? Wer könnte von meinen Mitspielern was machen wollen? Welche Orte will ich bereisen? Und vor allem was will ich sammeln? Man könnte fast meinen, dass das Spiel zu viele Entscheidungen von den Spielern verlangt, aber dennoch lässt es sich super aus dem Bauch heraus spielen. Ein Umstand, der es auf Kennerniveau hebt ohne darüber hinaus zu schießen.

Vor allem gefällt mir das die Spieler selber entschieden können wie schwer sie es haben wollen. Viele kleine Module sind enthalten inklusive einem zweiten Spielbrett auf der Rückseite. Wer es umfangreicher und interessanter will, spielt immer nur mit einem doer zwei von diesen und nicht mit allen. Ein Blick auf all diese Punkte macht auch deutlich, dass Broom Serie mehr ist als nur eine Neuauflage, eine Neuumsetzung oder gar ein Kartenspiel mit Brett. Es ist ein eigenes Erlebnis und dieses macht verdammt Freude. Vielleicht nicht für die Freaks in meiner Runde, aber für die geselligen Spieler ist das genau das Spiel, was sie mal wieder gebraucht haben. Und ich kann mich an den kleinen Gemeinheiten erfreuen. Vorne weg die Ereignisse, die einem ein Stein in die strategische Planung werfen und einen zwingen taktisch sich anzupassen, oder die Verwunschenen Rollen, die Karten nicht verbieten aber interessant machen, weil da vielleicht eher was mutiges rauszuholen ist, denn die anderen Spieler trauen sich nicht den Malus zu nehmen.

Für mich ist Broom Service vielleicht nicht meine erste Wahl gewesen bei den drei Kennerspiel-Nominierten dieses Jahr, aber für mich war es eindeutig das es gewinnen wird, denn es ist ein würdiger Vertreter des Preises, der vielen Leuten Spaß macht. Sie müssen sich nur von der Schere im Kopf trennen und es als eigenen Spiel begreifen und spielen. Die Freude kommt dann von ganz alleine.

Daumen Hoch 1

Autor: Andreas Pelikan, Alexander Pfister
Illustratorin: Vincent Dutrait
Verlag: alea, 2015
Vertrieb: Heidelberger Spieleverlag
Spielerzahl: 2-5 Kennerspieler
Links: alea / Luding / BoardGameGeek