Ich muss ja zugeben, das Matthias Cramer nicht wirklich ein Auslöser wäre mich für ein Spiel zu begeistern. Seine bisherigen Spiele werden von vielen geliebt, aber mich haben diese oft nicht gefesselt. Das kann an ganz verschiedenen Sachen liegen, aber irgendwas hat immer gefehlt. Woran es sicher nicht gelegen hat, sind geniale Ideen. Sei es das Laufrondell bei Glen More, die Gesetzesbestimmungen bei Lancaster, das wichtige verheiraten in Helvetia oder das Gefühl endlich ein Spieler Spiel für den Tiptoi zu haben mit dem Millionen-Coup, Der Junge hat echt einen spannenden Output. Daher würde ich ihn nie abschreiben wollen, sondern schaue mir auch weitere Spiele von ihm immer gerne an.
So geschehen mit Kraftwagen. Wohl weißlich wissend, dass es das Rondellsystem von Glen More wieder aufgreift, auch wenn es schon vorher entwickelt wurde. Und hier finde ich es viel besser geeignet. Statt zu hoffen das richtige Teil abzubekommen, das irgendwann kommt und nur einmal vorhanden ist, sind es hier einfach Aktionsplättchen, Wenn es mir jemand wegnimmt, dann kann ich immer noch nach Vorne springen und einfach länger aussetzen. Wobei die meisten Aktionen auch mehrfach vorhanden sind. Vor allem die Aufteilung von Plättchen mit einer, zwei oder drei Aktionen ist sehr gelungen. Das starke Teil mit drei Aktionen ist weit weg, so das ich was überspringen muss und anderen auf diese Weise auch drei Aktionen gönne, nur halt nicht gleichzeitig. Und das fühlt sich nie falsch an.
Was aber noch viel besser ist, ist der Markt. Die Spieler können am Ende ihres Zuges einfach ein Auto anbieten. Sind sechs Autos im Angebot wird verkauft und die bis zu vier Käufer schauen auf ihre eigenen Vorlieben. Was diese sind, sind aber auch Spielergesteuert mit einer der Aktionen. Wenn ich sehe, die Mitspieler gehen auf dicke Karosserien, dann gehe ich logischerweise auf starken Motor und umgekehrt. Eine Menge lässt sich hier steuern. Ich will mein Auto nicht zu früh anbieten, sonst lassen mich die anderen nicht den besten Käufer dafür auslegen. Und lege ich den Käufer zu früh aus, versuchen die anderen die besten Preise an beiden Enden das Spektrum mir wegzunehmen. Vor allem eine frühe Festlegung, auf beispielsweise Motor, sorgt dafür, dass die Spieler selber den Motor noch hochzüchten, und dann den Preis unterbieten. Denn das ist der Tiebreaker. Es gibt nur Vorlieben und Preis. Und eine Käufergruppe kauft immer nur das günstigste, zahlt aber dafür den doppelten Preis. Der Markt macht Spaß und das Ganze Spiel scheint sich hier in seiner Interaktion zu verstärken. Und das zu recht.
Der Kollege Herr Bartsch bemängelt das Glück bei den Fortschrittskarten. Ein Umstand, den ich aber nicht nachvollziehen kann, denn bei meinen Runden kam es gar nicht so sehr auf diese an. Sie strahlen eine gewisse Stärke aus und der damit verbundenen Ausbaute erscheinen sie als mächtig, aber in unserer Runden war immer deutlich, dass die richtigen Entscheidungen an Aktionen und das richtige Platzieren am Markt viel wichtiger waren. Auch ein Blick auf die Prämien sind nicht zu verachten und können alleine schon das Spiel entscheiden. Ein Ergebnis von 35:56:57:58 spricht dabei Bände (Der 35er hatte seine erste Runde gespielt). Wobei Punkte um die 70 bis 80 beim Sieger auch drin sein können.
Die Karten sind wichtig aber nicht entscheidend in meinen Augen. Überhaupt sind alle Infos offen und können alle einberechnet werden ohne das große Bedenkzeit aufkommt. Dennoch dürfen bestimmte Elemente nicht außen vor gelassen werden. Das Rennen ist wichtig. Man muss nicht jedes gewinnen um das Spiel auch zu gewinnen, aber gar nicht erst mitzufahren gibt einem keine Chance auf den Sieg. Und das finde ich richtig denn nur so wird aus dem Spiel um ein Rennen auch ein echtes Rennen im Spiel, denn Spieler versuchen schon da auszubauen und voranzukommen.
Das Thema der Automobile mit dem Bau, dem Markt, dem Rennen und dem wie ein Rennen aussehenden Aktionskreislauf machen die Stimmung perfekt. Dazu der perfekte Name und die verdammt ansprechende und an allen Stellen passende und nirgendwo sperrende Grafik von Kraftwagen macht das Spiel zu einem Gesamtpaket, welches eigentlich jeder mal spielen sollte. Wir haben hier ein starkes Kennerspiel mit 60 rasanten Minuten Aktion vor uns, gerade auch zu viert, das sofort zu noch einer Runde einlädt. und nur eimal am Abend habe ich bei dem Spiel noch nicht geschafft.
Autor: Matthias Cramer
Illustrator: Harald Lieske
Verlag: ADC Blackfire, 2015
Redaktion: Uli Blennemann, Spielworxx
Vertrieb: ADC Blackfire
Spielerzahl: 2-4 Kennerspieler
Links: ADC Blackfire / Luding / BoardGameGeek
Drei meiner ersten vier ernsthaften Prototypen sind nie wirklich weiter entwickelt wurden. Einer davon war ein Autoentwicklungsspiel mit einer Marktphase, bei der die Käufe nach preis und Qualität kaufen sollten.
Ich muss bei Matthias bei Gelegenheit mal fragen, wie er auf die Idee für Kraftwagen kommt und ob die Quelle mit meiner Idee identisch war (oder zumiondest ähnlich. Oder so).
Ich bin aber froh, dass es jetzt ein Spiel mit dieser Mechanik gibt, dann muss ich mich nicht grämen, damals aufgegeben zu haben 🙂
Hallo Peer,
Es gab ein Ur-Kraftwagen in den 90ern als 18xx Spiel ohne Eisenbahnen. Die Spieler kauften Aktien der bekannten Automobilfirmen und jede Firma produzierte in der Betreibsrunde jeweils ein Auto und warf das auf dem Markt. Danach schlugen die Käufer zu und der Hersteller konnte entscheiden, ob er den Verkaufserlös als Dividende auszahlen wollte. Das Grundprinzip des Marktes ist zum heutigen Kraftwagen noch relativ ähnlich, der Rest natürlich nicht.
Viele Grüße,
Matthias
Vielen Dank, dass Sie all Ihre Erfahrungen geteilt haben
Super Beitrag! Mach weiter so!